Veranstaltungen barrierefrei gestalten
Zielgruppen, Checklisten und Praxistipps für den Tourismus
Wie gestalte ich ein barrierefreies Event? Woran muss ich denken bei der Vorbereitung und Durchführung? Im Online-Seminar „Barrierefrei Tagen in Bayern“ diskutierten wir im November 2021 genau diese Fragen anhand von Beispielen aus der Praxis gemeinsam mit der Barrierefrei-Expertin Gisela Moser und den Teilnehmenden aus dem bayerischen Tourismus. Herausgekommen sind praktische Checklisten für barrierefreie Events, die jeder nutzen kann! Und jeder Eventteilnehmende profitiert von barrierefreien Annehmlichkeiten!
Die Zielgruppe von barrierefreiem Tourismus besteht doch in erster Linie aus behinderten Menschen. Man denkt bei dem Begriff sofort an Rollstuhlfahrerinnen und -fahrer, blinde sowie taube und kognitiv eingeschränkte Gäste. Das war auch mein erster Gedanke, bevor ich das Netzwerk „Barrierefreier Urlaub“ in 2020 übernommen habe. Dass das nicht so ist, zeigt meine alltägliche Arbeit mit dem Thema. Profiteure von barrierefreien oder barrierearmen Angeboten sind fast alle Teile unserer Gesellschaft und somit auch unser gesamtes touristisches Netzwerk und die unterschiedlichen B2C-Zielgruppen der Reisenden. Denn viele Einschränkungen sieht man auf den ersten Blick gar nicht: Schwerhörigkeit, Seheinschränkungen oder auch Allergien/Lebensmittelunverträglichkeiten in etwa. Das zeigt deutlich, dass Barrierefreiheit Komfort für Alle bringt!
Im November 2021 haben wir zusammen mit der „Barrierefrei“-Expertin Gisela Moser von MosGiTo ein Online-Seminar mit dem Schwerpunktthema „Barrierefrei Tagen in Bayern” für die bayerischen Tourismuspartnerinnen und -partner durchgeführt. Auch in unserem Bereich Netzwerk- und Partnermanagement haben Veranstaltungen für die bayerischen Partnerinnen und Partner sowie Netzwerke stark an Relevanz gewonnen. Also war auch ich als Teilnehmerin mit dabei, um zu schauen, wo es Sinn macht, digitale, hybride und Live Veranstaltungen der BayTM in Zukunft barrierefreier zu organisieren.
Zwei Vormittage lang haben wir gemeinsam Praxisbeispiele aus dem bayerischen Tourismus diskutiert. Und die waren sehr unterschiedlich: Messen im B2B- und B2C-Bereich, Konzerte und Kulturveranstaltungen, Vorträge aber auch Veranstaltungen zur Sensibilisierung der Touristiker vor Ort gemeinsam mit Behindertenvertretenden. Im Grunde sehr unterschiedlich, aber wir haben gesehen, dass die Vorbereitung für jede dieser Veranstaltungen doch ähnlich ist und man mit praktischen Checklisten zur „Barrierefreiheit“ vieles bereits im Vorfeld mitdenken und erledigen kann.
Wichtiges Learning für uns alle ebenso: Das Event muss nicht zu 100 % barrierefrei sein – es reicht, die vorhandenen Informationen zur Barrierefreiheit mit der Einladung bereitzustellen, damit jeder betroffene Teilnehmende selbst entscheiden kann, ob dies für ihn ein Hindernis ist oder nicht. Denn jeder behinderte Mensch hat individuelle Anforderungen an seine Umgebung – was für den Rollstuhlfahrer ideal ist, kann für den Blinden ein Hindernis darstellen. Bestehende „Hürden” in Locations/bei Veranstaltungen können vom Veranstalter durch zusätzliches Servicepersonal (z. B. Hostess, Dolmetscher) leicht gelöst werden, wenn diese im Vorfeld bereits bei der Anmeldung bekannt sind.
Was wir alle ebenso aus dem Seminar mitgenommen haben: jeder Teilnehmende profitiert von barrierefreiem Komfort bei Events – beispielsweise Namensschilder in großer Schrift für alle Teilnehmenden bei B2B-Veranstaltungen, die leicht lesbar sind und so das Netzwerken noch leichter machen, wenn man auf Anhieb sein Gegenüber identifizieren kann. Und Annehmlichkeiten wie Rampen und Aufzüge sind inzwischen schon so normal, dass wir sie im Alltag gerne nutzen und gar nicht mehr darüber nachdenken, dass dies im Ursprung eine barrierefreie Notwendigkeit ist.
Hier also einige Beispiele, wie man ein barrierefreies Event planen kann:
- Infos zur “Barrierefreiheit” bereits in der Einladung bereitstellen/verlinken. Die Veranstaltung muss nicht 100 % barrierefrei sein, es reicht die vorhandenen Informationen bereitzustellen und die “Mängel” können durch Zusatzservices (z. B. Hostess, Dolmetscher) überbrückt werden.
- Eventlocations auswählen, die nach dem bundesweiten Kennzeichnungssystem “Reisen für Alle“ gekennzeichnet sind und somit bereits Infos zur Barrierefreiheit mitliefern.
- Besondere Bedürfnis-Abfrage der Teilnehmenden bereits über die Einladung/Anmeldeformulare
- Sitzplatzreservierungen bei Vorträgen für Hör- oder seheingeschränkte Teilnehmende
- Zusatzservices wie mobile Rampen organisieren
- Steh- und Sitzgelegenheiten in verschiedenen Höhen (z. B. auch Counter) einplanen