Die Geheimrezepte der Food-Fotografie
Das neue Food-Konzept der BayTM zeigt: Tolle Kulinarik Bilder machen Appetit auf Bayern!
Auch Hotels und Gaststätten können mit perfekt inszenierten Essensbildern ihre Markenbotschaft unterstreichen. Wir erklären, worauf es ankommt
Da blättern wir harmlos durch eine Zeitschrift, frisch gefrühstückt und ohne das geringste Hungergefühl, doch plötzlich bleibt unser Blick an einem Foto hängen. Es zeigt eine Portion Schweinsbraten, ganz offensichtlich frisch aus dem Ofen. Bratensaft glänzt auf dem Fleisch; die Kruste ist leicht gebräunt, die Sauce ein samtiges, dunkles Versprechen. Schönes, altes Silberbesteck liegt neben dem Teller; wir müssten nur zugreifen, und je länger wir hinsehen, desto stärker steigt uns der würzige Bratenduft in die Nase, schmecken wir das leichte Kümmelaroma der Dunkelbiersauce, hören die Kruste zwischen den Zähnen krachen und die weiche Konsistenz des Knödels am Gaumen … Wir dachten, wir hätten keinen Hunger? Von wegen! In Wirklichkeit gäben wir viel dafür, jetzt vor diesem Teller, an diesem Tisch sitzen zu dürfen. Wo steht der eigentlich? Aha, im Gasthaus zur Post in Oberunterhausen. Da werden wir demnächst mal vorbeischauen. Wetten?
Gute Food-Fotografie funktioniert ganz einfach. „Sie macht die Betrachtenden begierig auf etwas, das sie in diesem Moment eigentlich gar nicht wollten“, beschreibt es Guido Schmelich, der in diesen Monaten für die BayTM einige Gerichte von Botschaftern mit kulinarischem Bezug neu fotografiert. Gelungene Food-Fotos erzeugen Gelüste, Wünsche und Begehrlichkeiten und beeinflussen damit unsere Entscheidungen. Sie spielen mit unseren Sehnsüchten und lenken uns dadurch an bestimmte Orte. In Wirtshäuser, Restaurants, Biergärten, in denen wir wiederfinden wollen, was uns das Foto versprochen hat. Und das ist nicht nur ein bestimmtes Gericht. Das ist eine Stimmung, eine Atmosphäre, ein Lebensgefühl, eine Geschichte, die wir zu erleben hoffen.
Gutes Kulinarik-Bildmaterial ist daher wichtig für eine erfolgreiche Marketingstrategie im Tourismus. Das gilt erst recht für das Reiseland Bayern, dessen positives Image im In- und Ausland stark von kulinarischen Themen geprägt wird. Schäumendes Bier, Schweinsbraten mit rescher Kruste, knackige Radieschen und ein funkelnder Silvaner im Glas, dazu das besondere Ambiente in Form von Biergarten-Geselligkeit, gemütlichen Wirtshäusern und kreativen Restaurants, in denen junge Köch*innen kulinarische Tradition fantasievoll weiterentwickeln. „Wir sind stolz, mit der bayerischen Küche die wahrscheinlich bekannteste Regionalküche Deutschlands zu haben“, bestätigt Claudia Hinnerkopf, Marketing-Leiterin der BayTM. „Auch deshalb haben wir uns zur Produktion von neuen hochwertigen Food-Fotos entschlossen, mit denen wir unsere Zielgruppe noch stärker von der kulinarischen Kompetenz Bayerns überzeugen wollen.“
Das Motto: perfectly unperfect
Für ihr neues Konzept arbeitet die BayTM mit dem Food-Fotografen Guido Schmelich zusammen. Der schaut den Botschafter*innen in der Küche über die Schulter und fotografiert bei der Zubereitung ihrer Spezialitäten die einzelnen Arbeitsschritte. „Optisch setzen wir dabei auf eine Kombination aus sehr moderner Bildsprache mit alten Accessoires, primär von oben fotografiert“, erklärt Stephanie Scheuermann, Unit Lead Brand & Content, „und frei nach dem Motto ‚perfectly unperfect‘. Diese Bilder sind Teil des Brand-Storytellings der BayTM, mit dem wir potenzielle Gäste für Bayern als Reiseland begeistern.“
Das kann ich doch schnell selbst knipsen, … oder?
Food-Fotos sind heute omnipräsent. Das Fotografieren von Essen gehört fast schon zum Alltag, und Instagram-Influencer*innen vermitteln den Eindruck, dass es zum effektvollen Ablichten eines Salats nur ein Smartphone braucht und einen Stuhl, auf den man sich stellen muss, um aus der Vogelperspektive mal kurz abzudrücken. „Bloß nicht!“, warnt Fotograf Guido Schmelich entschieden. „Hinter der vermeintlichen Amateurhaftigkeit vieler Influencer*innen steckt oft eine professionelle Fotografenausbildung oder zumindest eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Thema. Der Schnappschuss-Eindruck täuscht.“ Ein Food-Foto ist außerdem nicht etwa dann schon gelungen, wenn der Autofokus aktiviert und jedes einzelne Pfefferkorn in der Bratensauce gestochen scharf sichtbar ist. „Ein gutes Foto bildet nicht einfach ab“, erklärt Schmelich, „es erzählt eine Geschichte. Und diese Geschichte passiert nicht zufällig. Man muss sie in Szene setzen.“
Die Hauptzutat für eine gute inszenierte Food-Story? „Licht“, sagt Schmelich. „Licht ist das allerwichtigste überhaupt.“ Zu jedem Shooting bringt der erfahrene Fotograf sein eigenes Licht mit. Sein Equipment aus Lichtformern, Punktlichtkanonen und Reflektoren versetzt ihn in die Lage, jede nur denkbare Stimmung zu erzeugen: mediterranes Glitzern, die Schummrigkeit einer mexikanischen Kellerbar, einen Sonnenuntergang im August. Auch Requisiten sind wichtig, mit denen ein Gericht präsentiert wird. Schmelich schöpft aus einem enormen Fundus an Töpfen, Tellern, Tüchern und Besteck, gern mit Patina. „Der große Hygge-Trend ist natürlich auch in der Food-Fotografie spürbar. Die Fotos sollen zurzeit viel Wärme ausstrahlen. Ich arbeite da gern mit Holz, mit Gebrauchtem und Altem, mit leicht schrammeligem Silberbesteck.“ Auch scheinbare Unvollkommenheiten – hier ein paar wie zufällig verstreute Salzkörner auf dem Tisch, dort die vergessenen Schnittlauchstängel, da eine etwas dunklere Kruste auf der Bratkartoffel – diese vermeintliche Natürlichkeit ist extrem inszeniert, oft mit Hilfe einer Pinzette. Vollkommene Unvollkommenheit, die eine coole, natürliche Stimmung erzeugt. Und die entsprechende Story erzählt, mit der sich die Zielgruppe identifizieren kann.
Dark and moody. Oder ganz natürlich
Die Food-Stories für die BayTM produziert Schmelich stets in der gleichen Bildsprache: Fotografiert wird auf zwei verschiedenen, dunklen Untergründen aus Holz und Metall. Genutzt wird ein ausgewählter Fundus an Kochutensilien. Auch die Teller sind dunkel. Diese Elemente kreieren eine spezielle Bildatmosphäre, eine visuelle Aussage, die sämtliche Shootings und Gerichte miteinander verbindet und bei den Betrachter*innen für einen hohen Wiedererkennungswert sorgen. Aber machen Kässpatzen auf einem schwarzen Keramikteller überhaupt Sinn? „Ja, denn die kriegen da eine ganz andere Anmutung“, begeistert sich Schmelich. „Da spielt auf einmal Metropole mit rein, Industriecharme, Nightlife. Etwas eigentlich Uriges entwickelt sich da zum coolen Streetfood. Es steht für Reisen, Erlebnis, für ein Lebensgefühl.“
Dass die neuen Food-Fotos eine besonders attraktive Bildsprache sprechen sollten, war für die BayTM eine wichtige Bedingung. „Unsere Zielgruppe hat hohe Ansprüche an Ästhetik und Bildmaterial. Wir haben uns daher für wirklich extrem hochwertige Fotos entschieden, mit denen wir potentielle Gäste von der kulinarischen Kompetenz Bayerns überzeugen wollen“, bestätigt Claudia Hinnerkopf. Außerdem passt das Bildmaterial so perfekt zur redaktionellen Zielgruppenansprache der BayTM.
Dennoch ist dark and moody natürlich kein Must in der guten Food-Fotografie. Andere Kolleg*innen inszenieren Essen weniger detailliert und gehen eher „reportagig“ an ein Thema heran, fangen natürliche Szenen ein. Auch die Zubereitung eines Gerichts und bestimmte Küchensituationen können eine gewünschte Stimmung transportieren, eine Geschichte erzählen. Und gerade in der hochklassigen Sterneküche inszenieren die Küchenchef*innen ihre Kreationen immer noch am liebsten selbst. Da kann sich ein guter Food-Fotograf oder eine gute Food-Fotografin dann auch mal einfach nur ganz klassisch mit Belichtung, Blende und Tiefenschärfe befassen.
Und wie findet man sie nun, die guten Food-Fotograf*innen? Oder reicht einfach ein guter Fotograf/eine gute Fotografin? Guido Schmelich findet: nein. „Allrounder verfügen oft nicht über das Fachwissen. Modefotografinnen und -fotografen wiederum fotografieren ein Schnitzel wie ein Model, nämlich von vorne, und das sieht furchtbar aus. Am besten wenden Sie sich gleich an einen Experten. Googeln Sie „Food-Fotografie“ und den Namen Ihrer Stadt. Vergewissern Sie sich, dass der oder die Fotograf auch kochen kann; das ist nicht unwichtig. Und gucken sich dann die Fotos auf den Websites an. Dann sehen Sie schon, was Ihnen am besten gefällt.“
Guido Schmelichs goldene Regeln für gelungene Food-Fotos
- Das Licht muss von hinten oder von der Seite kommen; das sorgt für schöne Konturen. Licht von vorne nur, wenn indirekt und wenn zur Aufhellung erforderlich.
- Das Essen muss aussehen wie eben auf den Teller gelegt. Das erfordert Koch-, Physik- und Chemiekenntnisse und gute Planung. Die Haut eines Brathuhns wirkt maximal zwei Minuten lang kross. Und wer Zitrone auf Brokkoli träufelt, entzieht ihm die ganze schöne grüne Farbe.
- Die Farben sollten entweder Ton in Ton sein oder komplementär aufeinander abgestimmt. Frisches Grün auf Tomate kommt immer super!
- Feuchte und knusprige Elemente auf dem Teller nicht vergessen – sie sorgen für bessere Vorstellbarkeit.