Die Zukunft des Reisens
Mit VR und AR ins Metaverse eintauchen
Die Reise in digitale Parallelwelten hat längst begonnen. Auch im Tourismus, wo Virtual Reality (VR) und Augmented Reality (AR) die Reisefreude anheizen und für nachhaltige Erfahrungen sorgen. VR und AR eröffnen faszinierende neue Möglichkeiten und verändern die Art und Weise, wie wir reisen.
„Sein oder nicht sein“, rezitierte Benny Andersson einst auf einer Londoner Konzertbühne Shakespeare und traf damit den Nagel auf den Kopf. Als Hitproduzent und Mitglied der legendären schwedischen Popgruppe ABBA hatte er definitiv recht. Bei der bahnbrechenden „ABBA Voyage“-Show, die im Mai 2022 Premiere feierte, waren alle vier ABBA-Mitglieder auf der Bühne – allerdings nicht leibhaftig, sondern als virtuelle Abbilder, als singende und tanzende Hologramme ihrer selbst aus den 70er Jahren. Sein oder nicht sein? Das war hier nicht die Frage. Es ging um das Erlebnis, den Unterhaltungswert, das Verschwimmen der Grenzen zwischen Realität und Vorstellung. Ein Meer an Möglichkeiten tat sich auf.
Willkommen in der Zukunft, willkommen im Metaversum, dem Internet der nächsten Generation. Das Metaversum ist eine neue digitale Wirklichkeit aus virtuellen Erlebniswelten, ermöglicht durch künstliche Intelligenz, 5G und Blockchain-Technologie, in der Menschen – oder ihre Avatare – vieles tun können, was bisher im realen Leben stattfand: arbeiten, kommunizieren, einkaufen, Freunde treffen, Konzerte besuchen und reisen.
Virtuelle Realität weckt Lust aufs Reisen und inspiriert. Doch sie ersetzt das Reisen nicht.
Die sogenannte Extended Reality hat den Tourismus bereits erreicht. Der Begriff beinhaltet alle Arten von computergenerierten Objekten und Umgebungen, insbesondere Virtual Reality (VR) und Augmented Reality (AR). VR wird im Tourismus bisher meist in einer sehr sanften Form eingesetzt: Destinationen oder Unterkünfte bieten Interessierten die Möglichkeit, sich durch 360-Grad-Bilder oder -Videos zu klicken, um sich eine realistische Vorstellung von ihrem bevorstehenden Reiseerlebnis zu machen.
Die Reise geht jedoch in Richtung Metaverse. Ein Beispiel dafür ist Seoul, das die erste Stadt im Metaversum werden möchte und plant, in den nächsten zehn Jahren zahlreiche Dienstleistungen und kulturelle Veranstaltungen im virtuellen Raum anzubieten.
Mit dem Headset in den Biergarten
Logisch weitergedacht, könnte VR früher oder später zu Virtual Tourism führen. Womöglich steigen Gäste in der Zukunft nicht mehr ins Flugzeug oder in den Zug, sondern erleben Bayern in den eigenen vier Wänden. Mit Headsets und verdrahteten Haptik-Handschuhen tauchen sie tief in bayerische Feriensituationen ein. Sie besuchen einen Biergarten und hören dort Blasmusik. Sie machen eine Segeltour auf dem Chiemsee, samt Wellengang und Wasserspritzern auf der Brille. Schweben mit dem Riesenrad über das abendliche Oktoberfest in München. Oder flanieren durch eines der vielen bayerischen Märchenschlösser, wo ein Avatar von Hausherr Ludwig II. höchstpersönlich den Speiseaufzug vorführt.
VR kann Angebote intelligent ergänzen
VR ermöglicht Erlebnisse für Menschen, die sich aus den verschiedensten Gründen sonst gar nicht in Bewegung gesetzt hätten. Wer dagegen „in echt“ reisen kann, wird das auch weiterhin tun, weil das unmittelbare Erlebnis, das Riechen und Schmecken, die Begegnung mit anderen Menschen durch nichts zu ersetzen sind. VR könnte künftig aber als intelligente Ergänzung des Angebots zum Einsatz kommen, denn sie bietet einen Vorgeschmack, weckt Reiselust, inspiriert.
Wo Sommergäste mit VR den Winter spüren
Die Schweizer Bergbahngesellschaft Corvatsch AG macht es mit virtuellem Action-Kino vor: An der Bergstation der Diavolezza-Bahn können sich Sommergäste kostenlos eine VR-Brille ausleihen, es sich in Drehsesseln bequem machen und dann sechseinhalb Minuten lang die winterliche Engadiner Bergwelt erleben. Sie schwingen durch den Tiefschnee talwärts, amüsieren sich im Snowpark, klettern mit Steigeisen auf den Piz Palü, bei strahlendem Himmel und besten Schneeverhältnissen. Einbußen an „echten“ Gästen muss die Bergbahn nicht fürchten, denn die Brille gibt’s erst auf der Bergstation. Einige begeisterte Kinogänger könnten danach durchaus einen Winterurlaub im Engadin in Betracht ziehen.
Neues Leben am Donaulimes mit AR
Augmented Reality ist weniger immersiv als Virtual Reality und beginnt mit unkomplizierten Lösungen wie schlichten QR-Codes, die der Gast mit seinem Smartphone scannt, um so etwa bei einem Stadtbummel Zusatzinfos zu bestimmten Sehenswürdigkeiten zu erhalten – Content auf Abruf. Das kann in Form einfacher Texte geschehen, geht aber auch schicker: Die App LIMES mobil etwa, die das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege mitentwickelt hat, erweckt die römische Vergangenheit am bayerischen Donaulimes wieder zum Leben.
Über die App kann man aber auch die (ansonsten unsichtbare) Limeslinie in der Landschaft nachvollziehen. „LIMES mobil macht das Welterbe dort sichtbar, wo man den Limes buchstäblich vor lauter Bäumen nicht mehr sehen kann“, so Veronika Fischer, Koordinatorin für das archäologische Welterbe beim Landesamt für Denkmalpflege. „Die App hilft, das Denkmal selbstständig zu erkunden, sich auf vielfältige Weise damit auseinanderzusetzen und Identifikation mit dem Welterbe zu schaffen und zu stärken.“
Welt der Wirklichkeiten
- EXTENDED REALITY ist der Oberbegriff für alle Kombinationen aus realen und virtuellen Umgebungen, die den User visuell, akustisch und auch haptisch mehr oder weniger tief in andere Welten eintauchen lassen.
- VIRTUAL REALITY bezeichnet eine komplett virtuelle Welt, in die der Mensch immersiv eintaucht und in der er – etwa via VR-Headsets – komplett von der Wirklichkeit abgeschirmt ist.
- AUGMENTED REALITY ist die Anreicherung der realen Welt durch kontextbezogene, digitale Objekte wie Bilder, Text, Animationen, auf die via Smartphone, Tablet oder AR-Brille zugegriffen werden kann.