Alles bleibt anders
Ich war doch nur mal kurz weg
Ping! Ein kleines Fenster poppt auf und erinnert mich, dass der Meet Up Termin mit dem ganzen Team stattfindet und ich doch bitte teilnehmen soll. Es ist mein erster Arbeitstag nach meiner Elternzeit und ich kämpfe gerade eigentlich noch mit meinem neuen Firmenlaptop, der Dockingstation und dem Bildschirm. Als dann noch meine Kamera nicht automatisch funktioniert, werde ich langsam hektisch. Meine Kollegin schmunzelt über meine ziemlich eingerostete Digitalkompetenz und ich muss ihr heimlich zustimmen. Wer hätte denn auch gedacht, dass sich in einem Jahr Elternzeit so vieles verändert?
Ein kleiner Rückblick: Mein letzter Arbeitstag ist im Dezember 2019. Im Unternehmen haben wir vor ein paar Wochen auf MS Teams umgestellt, aber für mein Gefühl wird es noch etwas stiefmütterlich behandelt. 95% der Termine finden in Präsenz statt, Dateien werden als E-Mail-Anhang verschickt oder auf dem internen Laufwerk abgespeichert. Wenn zwei Teammitglieder gleichzeitig ein Dokument bearbeiten wollen, muss ein Google Drive Dokument erstellt werden oder halt einer warten. Bei Outlook stapeln sich die internen Mails zu einem Vorgang. Jeder hat sich so seine Ordnung zurechtgelegt, um irgendwie den Überblick zu behalten. Alles ganz normal. Und von Corona haben wir natürlich auch alle noch nichts gehört.
Reinkatapultiert in die neue Normalität
Zurück zu unserem Meet Up Termin: Früher haben für solche Termine alle Kolleginnen und Kollegen versucht, irgendwie im großen Konfi Platz zu finden. Wer zum Schluss kam, musste stehen. Jetzt sitzt jeder bequem am Schreibtisch im Büro oder Home-Office und ist via Kamera zugeschaltet. Ich staune, wie diszipliniert es zugeht. Es wird virtuell die Hand gehoben, wenn jemand was sagen möchte. Danach wird das Mikro wieder ausgemacht. Es gibt keine Rückkopplungen oder Verzögerungen. Präsentationen werden per geteiltem Bildschirm gezeigt. Das hört sich nicht wirklich spektakulär an? Das ist es aber durchaus, wenn man noch komplett andere Standards gewohnt ist. Irgendwie bin ich etwas neidisch, dass sich genau in dem einen Jahr, in dem ich nicht da war, explosionsartig so viel verändert hat.
Ich muss also aufholen und versuche mir nichts anmerken zu lassen. Aber ich bin schon wieder überfordert, als mir mehrere Kolleginnen und Kollegen auf unterschiedlichen Kanälen schreiben, wie schön es ist, dass ich wieder da bin. Überhaupt habe ich das Gefühl, dass viel mehr kommuniziert und sich ausgetauscht wird. Und ich dachte irgendwie immer, dass ich multitaskingfähig bin. Ich bin fast etwas erleichtert, dass im Meeting zumindest einige altbekannte Buzzwords fallen. Die inhaltlichen Rahmenbedingungen unserer täglichen Arbeit haben sich also zumindest nicht komplett verschoben. Dennoch bleibt ein leicht flaues Gefühl während meines ersten Arbeitstags. Nicht nur, dass ich über ein Jahr in meiner Elternzeit mit komplett anderen Themen beschäftigt war. Auch diese völlig neue Normalität im Arbeitsalltag nach einem Jahr Corona-Pandemie und die Selbstverständlichkeit, mit der das gesamte Team dieser begegnet, schüchtern mich etwas ein.
Gar nicht so einfach die Sache mit der Kinderbetreuung
Und als wären die ganzen Neuerungen im Arbeitsalltag nicht genug, kommt die größte Veränderung ja noch hinzu: Ich gehöre jetzt auch zu denjenigen, die zusätzlich noch das hin und wieder leidige Thema mit der Kinderbetreuung organisieren müssen. Wie viel mehr einem da so im Kopf herumschwirrt, war mir bisher überhaupt nicht bewusst. Natürlich habe ich früher mitbekommen, wenn sich die Kolleginnen und Kollegen in der Mittagspause ihr Leid zu dem Thema geklagt haben. Ich hatte mir also vorgenommen, alles so gut wie möglich zu planen, dann könne ja nichts mehr schief gehen. Und eigentlich war ja auch alles schon lange vorbereitet. Die Zusage für den Krippenplatz war da, die Eingewöhnung hat geklappt und dann – pünktlich zu meinem ersten Arbeitstag – startet in der Krippe ein personalmangelbedingter Schichtbetrieb. Also schnell die Omas akquirieren, den Mann einspannen, Arbeitszeiten umplanen und den Laptop im Home-Office zwischen Duplo-Steinen und der Kugelbahn aufbauen. Wie gut, dass die BayTM hier mehr als verständnisvoll reagiert und durch die zur Verfügung gestellte Technik flexible Arbeitszeiten und Home-Office möglich macht. Ich bekomme sofort das Gefühl, dass die Firma mir vertraut. Egal, von wo ich arbeite und egal, ob ich zwischendrin mal kurz abwesend bin, weil wieder mal was umorganisiert werden muss. Mit diesem Gefühl der Sicherheit im Rücken, arbeitet es sich natürlich gleich ganz anders. Und ich merke, dass ich die Arbeitszeit viel intensiver nutze, weil ich es richtig genieße, mich auch mal mit anderen Themen zu beschäftigen.
Excel kann doch glücklich machen
Ganz schön viele Veränderungen also. Aber das herzliche Willkommen des Teams, überhaupt das Gefühl mal wieder Büroluft zu schnuppern, an der Kaffeemaschine eine Kollegin zum kurzen Ratsch zu treffen (natürlich mit Maske und Abstand) und die Erfolgserlebnisse nach meinen ersten pannenfreien Videotelefonaten, geben mir das gute Gefühl zurück, das bei mir eigentlich schon wochenlang vorgeherrscht hat: Die Vorfreude wieder zu arbeiten, auf die neuen Aufgaben und das neue Team. Und wer hätte gedacht, dass es sich nach über einem Jahr Abstinenz von den Office-Programmen so gut anfühlt, eine simple Excel-Liste zu erstellen. ?