Datenlücken in den Strukturdaten zum Tourismus

Eine Einordnung

Ankünfte und Übernachtungen aus der amtlichen Beherbergungsstatistik sind die am meisten verwendete Erfolgskennzahl für inländische Destinationen im Tourismus. Dieser Artikel beschäftigt sich mit den Stärken und Schwächen dieser Daten und erklärt, welche Datenlücken wir erkennen, was wir daraus ableiten und wie wir mit den Daten arbeiten.

22.03.2024
Lesezeit ~6 Minuten
Allgemein
Kathrin Klosa
Kathrin Klosa
Marktforschung

Für das Jahr 2023 werden in Bayern 100,26 Mio. Übernachtungen durch das statistische Landesamt gezählt. Basis dafür ist die gesetzliche Meldepflicht für Beherbergungsbetriebe und Campingplätze ab zehn Betten bzw. zehn Stellplätzen.

Demnach werden folgende Ankünfte bzw. Übernachtungen in der Statistik nicht erfasst:

  • Übernachtungen in kleinen Beherbergungsbetrieben mit weniger als zehn Betten –  in der Regel kleine, private Quartiere
  • tourismusrelevante Übernachtungen bei Verwandten, Freunden und Bekannten
  • Übernachtungen in Gemeinden, in denen sich weniger als drei Beherbergungsstätten befinden. Hier gilt die sogenannte Geheimhaltungspflicht, die die Möglichkeit von Rückschlüssen auf Geschäftszahlen einzelner Betriebe verhindert.
  • Übernachtungen in meldepflichtigen Betrieben, die ihrer Meldepflicht nicht nachkommen
Grafik in Form eines Eisberges zur Illustration des Lücken in den Strukturdaten zum Tourismus

Einen Anhaltspunkt für die Größe der Datenlücke durch die nicht erfassten Betriebe gibt die Studie Ferienhausmarkt in Deutschland, die für Bayern die Zahl der privaten Ferienunterkünfte auf 67.000 schätzt. Nach deren Berechnung haben die privaten Ferienunterkünfte einen Marktanteil von 73% (nach Betrieben, nicht nach Betten!). Ankünfte und Übernachtungen in diesen Betrieben fehlen in der offiziellen Statistik.

Warum arbeiten wir mit der offiziellen Statistik?

Die offiziellen Beherbergungsdaten haben sich als Basis für deutschlandweit verwendete Kennzahlen im Tourismus etabliert – trotz der bekannten und oben beschriebenen Datenlücken. Ihre Vorteile liegen in der konstanten und bundesweit einheitlichen Erhebung und damit vor allem im räumlichen und zeitlichen Kontext:

  • Die deutschlandweit einheitliche Erfassung erlaubt Vergleiche, z.B. zwischen den einzelnen Bundesländer. Es können Marktanteile nach verschiedenen Kriterien errechnet werden, wie Anteile an nationalen oder internationalen Übernachtungen.
  • Es stehen Daten für zahlreiche Herkunftsmärkte zur Verfügung: für Deutschland, die Bundesländer ebenso wie für deren definierte Tourismusregionen und -gebiete.
  • Bis auf die Ebene der Landkreise und Städte lassen sich anhand der Daten touristische Kennzahlen berechnen wie die Tourismusintensität, der internationale Übernachtungsanteil, die Aufenthaltsdauer oder die Bettenauslastung.
  • Die Daten werden seit vielen Jahrzehnten gleichmäßig erfasst, das ermöglicht die Bildung langer Zeitreihen für alle oben beschriebenen Anwendungsfälle.

Damit ist die offizielle Beherbergungsstatistik ein wichtiger Datenbestandteil für das systematische Beobachten von Entwicklungen im Tourismus – auch in Bayern. Ein Beispiel für unsere Arbeit mit den Daten finden Sie in den interaktiven Statistiken.

Welche Annahmen treffen wir?

Bayern ist ein Flächenbundesland mit einem hohen Anteil an ländlichen und kleinteilig strukturierten Regionen. Es ist davon auszugehen, dass sich private, kleinere Ferienunterkünfte  vor allem im ländlichen Raum befinden, ebenso wie Gemeinden, die mit weniger als drei Beherbergungsbetrieben aufgrund der Geheimhaltungspflicht (s.o.) statistisch nicht erfasst werden. Daher treffen wir bei der Arbeit mit den Daten aus der Statistik die folgenden Annahmen:

  • Der ländliche Raum ist bei den Ankünfte und Übernachtungen in der offiziellen Statistik unterrepräsentiert, da es abseits der Ballungszentren weniger (große) Hotels und mehr kleine und private Ferienunterkünfte gibt. In den Städten ist es genau umgekehrt.
  • Die Zahl der Ankünfte und Übernachtungen aus dem Ausland sind überrepräsentiert. Ausländische Gäste übernachten eher in größeren, gewerblichen Betrieben wie eine Auswertung des statistischen Berichtes für das Jahr 2023 für Bayern bestätigt:
Grafik zum Anteil der Übernachtungen aus dem Ausland 2023 in Bayern nach Betriebsgröße

Unser Fazit zu den Datenlücken in den Strukturdaten

Um die Struktur und das Volumen des Tourismus in Bayern in seiner Gesamtheit zu erfassen ist die Beherbergungsstatistik ein wichtiger Baustein, zeigt aber bei weitem nicht das Gesamtbild. Um einen ganzheitlichen Blick auf die Strukturen des bayerischen Tourismus und deren Entwicklung zu bekommen, sind wir daher auf regelmäßige Studien aus dem Bereich der Marktforschung angewiesen:

Tagesreisen
In Bayern finden laut dwif Tagesreisenmonitor jedes Jahr über 500 Mio. Tagesreisen statt. Der Vergleich zu rund 100 Mio. Übernachtungen in 2023 zeigt die enorme Bedeutung dieses Segments, das in keiner offiziellen Statistik Berücksichtigung findet.

Reiseanlass (private Reisen versus Geschäftsreisen)
Die Statistik enthält keine Informationen zum Reiseanlass, der zu Übernachtungen in Bayern führt. Auch diese Information erheben wir über Marktforschungsstudien. Nur so erhalten wir beispielsweise Einblick in das wichtige Segment der Geschäftsreisen.

Herkunftsbundesländer
In der Statistik werden die Gäste nach Herkunftsländern ausgewiesen. Die Information, aus welchen Bundesländern die Gäste zu uns kommen, wird dagegen nicht erhoben. Diese Lücke können wir mit Hilfe der Reiseanalyse für die (Kurz-) Urlaubsreisen sowie die Geschäftsreisen schließen. Hier werden diese soziodemografischen Merkmale unserer Gäste aus Deutschland mit erhoben.

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