ChatGPT – sind KI-Sprachmodelle die Zukunft oder nur ein polarisierender Tech-Hype?
Künstliche Intelligenz (kurz: KI) war lange Zeit nur aus Science-Fiction-Filmen bekannt. Heute ist sie Realität. Die Informatik hat in den letzten Jahren spannende Fortschritte gemacht. Insbesondere im Bereich der künstlichen Intelligenz, dem maschinellen Lernen und der automatisierten Generierung von Inhalten. Die neuste KI-Entwicklung ist ChatGPT, ein optimierendes Sprachmodell für Dialoge der Firma OpenAI. Aber wie nützlich ist ChatGPT wirklich? Und welche Chancen bietet es im Bereich Tourismus? Unser Kollege Markus Garnitz hat ChatGPT einfach selbst gefragt.
Die Sprache der Zukunft: ChatGPT, DALL-E und Stable Diffusion
ChatGPT basiert auf dem GPT-3-Modell (Generative Pretrained Transformer), einem der größten und fortschrittlichsten Sprachmodelle, die derzeit verfügbar sind. Entwickelt wurde dieses Sprachmodell von dem amerikanischem Start-up OpenAI, dass u.a. von Elon Musk und Microsoft finanziert wird.
OpenAI hat schon mehrere KI-Anwendungen veröffentlicht, den letzten Hype generierte im Sommer 2022 die Anwendung „DALL-E“: Auf der Grundlage von einfachen Textbeschreibungen, z. B. „eine Katze, die Auto fährt, im Stil von Andy Warhol”, kann diese Anwendung selbständig kreative KI-Kunst-Motive erstellen. Das Pendant dazu ist Stable Diffusion, ein Deep-Learning-Text-zu-Bild-Generator, der in Zusammenarbeit von Stability AI, CompVis LMU und Runway mit Unterstützung von EleutherAI und LAION entwickelt wurde. Im Unterschied zu DALL-E wurde Stable Diffusion jedoch unter einer Open Source-Lizenz veröffentlicht, wodurch der Quellcode und alle verwendeten Modellgewichte für alle frei nutzbar sind.
ChatGPT – Tech-Hype oder die Antwort auf alle Fragen?
ChatGPT ist – oder besser: verspricht – die Antwort auf alle Fragen: Denn mittels Deep-Learning-Technologie und der Verwendung eines künstlichen, neuronalen Netzes kann ChatGPT praktisch beliebige Fragen beantworten, Texte erstellen, vervollständigen, übersetzen oder vereinfachen, Tabellen ausfüllen, Gespräche führen und sogar programmieren. Sprachmodelle wie ChatGPT könnten daher zukünftig für eine Vielzahl hilfreicher Aufgaben eingesetzt werden, wie z. B. zur Sprach-, Text- und sogar Handschrifterkennung, zur Erstellung von Texten, Apps, Musik oder für Beratungsgespräche mit Kunden.
Wie funktioniert ChatGPT?
ChatGPT nutzt derzeit 175 Milliarden Parameter und viele hundert Gigabyte an Textdaten. Diese stammen aus dem sogenannten „Common-Crawl-Datenkorpus“, also aus offenen Daten von Wikipedia, Foren, Webseiten und Bücherdatenbanken. Aufgrund dieses „antrainierten“ Wissens kann ChatGPT Fragen beantworten oder Aufgaben lösen, ohne diese vorher zu „kennen“. Denn die KI-Anwendung kann Daten neu interpretieren, indem sie diese durch einen Algorithmus leitet, der Regeln für den Kontext in natürlicher, also „menschlicher“, Sprache aufstellt. Damit kann ChatGPT neue Sätze vorhersagen und mit vermeintlich „menschlichem Wissen“ verschiedenste Aufgaben lösen. Das Sprachmodell lernt im Wesentlichen also die Merkmale und Eigenschaften der Grundsprache und verwendet diese dann, um neue Sätze zu verstehen und zu schreiben.
Damit wird erneut deutlich, dass jedes Assistenzsystem, ob Chat-Bot oder Sprachassistenten wie Alexa und Siri, immer nur so gut sind, wie die Daten, mit denen diese Systeme „trainiert“ und „gefüttert“ wurden. Dies ist auch einer der Gründe, warum wir mit dem Projekt BayernCloud Tourismus gestartet sind: Wir wollen flächendeckend für ganz Bayern touristisch relevante und aktuelle Daten zu sammeln.
ChatGPT im Praxistest
Um zu testen, wie smart ChatGPT in der Praxis bereits ist, haben wir das KI-Sprachmodell ausführlich befragt. Zunächst mit der einfachen, aber wichtigen Frage: „Kannst du mir Ausflugstipps für Bayern nennen?“. Als Antwort erhalten wir folgende sechs Sightseeing-Tipps: „München, Schloss Neuschwanstein, Zugspitze, Chiemsee, Regensburg, Berchtesgaden und Königssee“. Sowie den schönen Hinweis: „Ob Natur, Kultur oder Städte, Bayern hat für jeden etwas zu bieten!“.
Dabei ist zu beachten, dass die Antworten von ChatGPT immer „live“ generiert werden, eine erneute Abfrage oder eine leicht veränderte Fragestellung kann daher zu einem unterschiedlichen Ergebnis führen. So wurde bei unserem zweiten Test beispielsweise statt dem Chiemsee an vierter Stelle Berchtesgaden als Ausflugsziel genannt.
Die Antworten: Zufällig richtig, aber nicht tagesaktuell
Angenommen wir sind nun neugierig geworden und möchten dem Schloss Neuschwanstein einen Besuch abstatten, dann ist unsere nächste Frage natürlich: „Wann ist Neuschwanstein geöffnet und was kostet der Eintritt?“. Auch darauf weiß das intelligente Sprachmodell eine Antwort:
Da ChatGPT in seiner aktuellen Version aber nicht direkt mit dem Internet verbunden ist, kann es nicht wie eine herkömmliche Suchmaschine Informationen in Echtzeit sammeln. Dem KI-Sprachmodell stehen immer nur die Informationen zum Zeitpunkt des „Trainings“ zur Verfügung. Während bei einer Google-Suche die tagesaktuellen Öffnungszeiten von Schloss Neuschwanstein ausgespielt werden können, kann ChatGPT nur die allgemeinen Basis-Informationen darüber liefern und verweist uns für genauere Infos auf die Webseite von Schloss Neuschwanstein.
ChatGPT crawlt (noch) nicht
Microsoft plant jedoch bereits, ChatGPT zukünftig in deren Suchmaschine Bing zu integrieren. Dort könnte das System dann direkt auf der Webseite von Schloss Neuschwanstein nachsehen (auch „Crawling“ genannt) und die tagesaktuellen Preise und Öffnungszeiten ausspielen – wenn diese in strukturierter Form vorliegen. Daher wird die Bereitstellung von strukturierten Daten, die auch heute schon große Vorteile im Bereich der Suchmaschinenoptimierung bringt, in Zukunft sicherlich noch mehr an Bedeutung gewinnen.
Auch zu Verkehrsinformationen kann ChatGPT daher aktuell nur allgemeine Informationen liefern und keine aktuelle Fahrplanauskunft. Aber immerhin erhalten wir auf die Frage „Kann ich Neuschwanstein mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichen?“ die richtige Antwort, dass dies mit Bus und Bahn problemlos möglich ist.
ChatGPT ist nur so gut wie seine Daten
ChatGPT ist zwar eine sehr gute Weiterentwicklung von bereits existenten Technologien im Bereich der Sprachmodelle, da es mit sehr vielen Daten gefüttert und trainiert wurde. Allerdings kann das System in der aktuellen Konfiguration in manchen Fällen auch Wissen vortäuschen oder Dinge herleiten, die gegebenenfalls falsch sind, wie man an dem Beispiel mit Schloss Neuschwanstein gut erkennen kann: Die Informationen sind falsch oder nur teilweise richtig. Davor warnt Sam Altman, CEO von OpenAI auf Twitter sogar selbst. Zudem gibt das Tool keinerlei Auskunft über die verwendeten Informationsquellen. Das macht es schwierig bis unmöglich, die erhaltenen Informationen auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Ob und wie diese Dinge in weiteren Entwicklungsstufen verbessert werden, ist zum jetzigen Zeitpunkt noch unklar.
24h-Concierge, Marketing- und Reiseexperte: Anwendungsmöglichkeiten von ChatGPT im Tourismus
Die Anwendungsmöglichkeiten von ChatGPT in den Bereichen Tourismus, Marketing und Destinationsmanagement sind denkbar vielfältig: So könnten Beschreibungs- und Informationstexte für POI oder (Werbe-)Texte für Webseiten, Blogs oder Social Media schnell und einfach über ChatGPT generiert werden. Zudem könnte ChatGPT als virtueller Kundensupport oder Reiseberater dienen und rund um die Uhr Fragen beantworten, hilfreiche Tipps geben, Touren und Reiserouten planen, konkrete Reisevorschläge anhand von Kundenpräferenzen liefern und (Übersetzungs-) Probleme lösen. Außerdem könnte ChatGPT die Daten der Nutzenden analysieren, Auskunft über deren Präferenzen und Verhaltensmuster geben und Empfehlungen zur Verbesserung von Angeboten und Dienstleistungen aussprechen.
Die Frage nach den Nutzungsrechten: unbeantwortet
Bei der Nutzung von ChatGPT gibt aber noch einen Haken: Denn aktuell ist nicht klar, unter welchen Lizenzen die Textantworten genutzt werden können oder ob die Texte eventuell dem Urheberrecht unterliegen. Angenommen man möchte auf seiner Webseite einen kurzen Infotext über den Passauer Dom veröffentlichen und frägt ChatGPT nach einer „Beschreibung des Passauer Doms in 100 Worten“, dann erhält man folgende Antwort:
Es ist jedoch unklar, ob diese Antwort nun ohne Weiteres auf der eigenen Webseite veröffentlicht werden kann, ohne dabei gegen Urheberrechte zu verstoßen.
KI wird zum Alltag
Klar ist, ohne Überprüfung sollte man sich nicht blind auf die von KI-Modellen generierten Inhalte verlassen. Es besteht die Möglichkeit von Falschinformationen oder gar Urheberrechtsverletzungen. Aber mit den gezeigten Beispielen wird sehr deutlich, welchen Weg KI in Zukunft gehen wird. Wie bereits Roboter im Bereich der industriellen Produktion, werden künstliche Intelligenzen zunehmend als unterstützende Werkzeuge im privaten wie beruflichen Alltag Einzug halten. Heute ist es selbstverständlich Suchmaschinen wie Google zu nutzen und damit im Internet zu recherchieren, zukünftig werden wir vermutlich mit der gleichen Selbstverständlichkeit unseren persönlichen KI-Sprachassistenten fest in den Alltag integrieren.
Modernes Datenmanagement mit Open Data ist die Zukunft
Wenn die bereits erwähnte Integration in Suchmaschinen wie Bing erfolgt, wird die KI-Technologie damit einer breiten Nutzerschaft zur Verfügung stehen. Dies wird auch Auswirkungen auf das zukünftige Suchverhalten und die Interaktion verändern – die direkte und schnelle Präsentation der Ergebnisse und Antworten in der Suchmaschine wird immer wichtiger. Wie so oft, bilden Daten die zentrale Basis für neue Technologien und sollten daher auch verstärkt in den Fokus rücken. Wir haben ChatGPT auch dazu befragt:
Offene und strukturierte Daten (Open Data) sind dabei ein Schlüsselelement, um mit den eigenen Informationen in diesen Suchmaschinen bzw. Antwort-Generatoren bestmöglich vertreten zu sein. Aber auch als Basis für die Implementierung von Chatbots auf der eigenen Webseite können strukturierte Daten zum „Training“ dieser Bots genutzt werden. Idealerweise sind die Daten auch noch miteinander in einem Knowledge Graphen verknüpft. Dann können sich Chatbots in Zukunft von der reinen Schlagwort-Erkennung und einfachen „wenn – dann – Bedingungen“ hin zu echten Kommunikationspartnern entwickeln.
Wie eine gute Open Data-Strategie aussehen kann, haben wir ChatGPT an dieser Stelle auch gleich gefragt:
Faszinierend. Natürlich kann ChatGPT noch keine fertigen Konzepte entwickeln und kennt auch nicht die Rahmenbedingungen der eigenen Organisation, dennoch liefert ChatGPT auch auf Fragen nach Open Data-Strategien und -Konzepten erstaunlich gute Antworten, die zumindest als Basis für erste Schritte dienen können.